Mari­en­thal. Es sind alles ande­re als rosi­ge Zei­ten für die mit­tel­stän­di­sche Wirt­schaft im Kreis Ahr­wei­ler. Die Fol­gen der Flut haben vie­le Betrie­be ernst­haft in ihrer Exis­tenz bedroht, gro­ße Arbeit­ge­ber ver­las­sen ange­stamm­te Stand­or­te und zah­len künf­tig andern­orts ihre Gewer­be­steu­er. Lie­fer­eng­päs­se beim Mate­ri­al und Hand­wer­ker­man­gel brin­gen den Wie­der­auf­bau ins Sto­cken. Von 2021 ver­spro­che­ner schnel­ler und unbü­ro­kra­ti­scher Hil­fe kann nicht mehr die Rede sein. Typisch deut­sche Antrags- und For­mu­lar­wut lässt den von Bund und Land groß­spu­rig ange­kün­dig­ten Inter­ci­ty zum Bum­mel­zug mutieren.

All das wis­sen die Mit­glie­der der Mit­tel­stand- und Wirt­schafts­uni­on (MIT) im Kreis Ahr­wei­ler, die Vor­sit­zen­der Elmar Lersch aus Bad Brei­sig zum tra­di­tio­nel­len Jah­res­emp­fang im Wein­gut Klos­ter Mari­en­thal begrüß­te. Mot­to des Abends: Zukunfts­per­spek­ti­ven für den Mit­tel­stand. Dazu gab es ein Podi­um mit Gast­red­ner und lang­jäh­ri­gem Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Wolf­gang Bos­bach, den Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Petra Schnei­der und Horst Gies, dem MIT-Lan­des­vor­sit­zen­den und Prä­si­dent des Hotel- und Gast­stät­ten­ver­ban­des Rhein­land-Pfalz, Gere­on Hau­mann und der Lan­des­in­nungs­meis­te­rin der Flei­scher, Dag­mar Groß-Mau­er aus Kempenich.

Was braucht der Mit­tel­stand?“, könn­te man die Fra­gen von Mode­ra­tor Elmar Lersch zusam­men­fas­sen. Da herrsch­te Einig­keit bei den For­de­run­gen. Der Mit­tel­stand brau­che Ener­gie­si­cher­heit und Strom, der bezahl­bar sei. Fach­kräf­te wür­den eben­so gesucht wie Aus­zu­bil­den­de — eine schon dra­ma­ti­sche Situa­ti­on, denn allein in Rhein­land-Pfalz sei­en im ver­gan­ge­nen Som­mer 13000 Aus­bil­dungs­plät­ze nicht besetzt wor­den. Letz­te­res habe sei­nen Ursprung in Feh­lern bei der Bil­dungs­po­li­tik. Es sei in der Ver­gan­gen­heit zu viel auf Aka­de­mi­sie­rung gesetzt wor­den. Als Lösungs­an­sät­ze müs­se die Zahl der Azu­bis dadurch gestei­gert wer­den, dass es nach der zehn­ten Klas­se wie­der ein qua­li­fi­zier­tes Abschluss­zeug­nis gebe und der Meis­ter­ti­tel müs­se Mas­tern im Stu­di­um gleich­ge­stellt wer­den. Und Mit­ar­bei­ter könn­ten durch neue Wege bei der Arbeits­kräf­te­ein­wan­de­rung gewon­nen wer­den. Dies auf ganz unbü­ro­kra­ti­sche Art und Wei­se: Wer von außer­halb der Euro­päi­schen Uni­on, in der sowie­so frei­er Arbeits­platz­wahl gilt, kommt und einen gül­ti­gen Aus­bil­dungs- oder Arbeits­ver­trag hat, darf auto­ma­tisch rein. Bei der huma­ni­tä­ren Zuwan­de­rung sei wich­tig, auf Spra­che als Inte­gra­ti­ons­mit­tel zu setzen.

Vor der Podi­ums­dis­kus­si­on hat­te Wolf­gang Bos­bach trotz erns­ten The­men in sei­ner bekannt locker-rhei­ni­schen Art zum poli­ti­schen Rund­um­schlag von Russ­land und Ren­te bis zu Ener­gie und Gesund­heits­sys­tem aus­ge­holt. Und zum Wie­der­auf­bau im Ahrtal erklär­te Bos­bach: „Wenn mir einer mit schnell und unbü­ro­kra­tisch kommt, weiß ich genau, dass das nichts wird.“

Bos­bach sieht aktu­ell in vie­len Berei­chen Ideo­lo­gie vor Wirk­lich­keit, for­dert dazu auf, „den Zusam­men­hang zwi­schen wirt­schaft­li­cher und sozia­ler Leis­tungs­fä­hig­keit“ nicht aus den Augen zu ver­lie­ren. Dazu gehö­re auch, zu erken­nen, dass sich in der Wirt­schaft eine Wand­lung voll­zie­he. In den soge­nann­ten alten Indus­trien wie Che­mie oder Pre­mi­um-Autos sei Deutsch­land Welt­klas­se, wer­de jedoch in vie­len ande­ren Berei­chen wie zum Bei­spiel Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­rä­te aus­ge­boo­tet. „Dabei wur­de das Tele­fon in Deutsch­land erfun­den“, so Bos­bach. Wis­sen­schaft sei die neue Indus­trie. Und dafür müss­ten Bil­dungs­chan­cen und Schul­sys­tem eben­falls an die Weltspitze. 

Quel­le Fotos: Pri­vat    Quel­le Text: Blick aktu­ell, GS
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