Die deut­schen Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­te­me ste­hen vor dem Hin­ter­grund der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung in den kom­men­den Jah­ren vor gro­ßen finan­zi­el­len Her­aus­for­de­run­gen. Bereits jetzt zeich­nen sich in der Gesetz­li­chen Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung in der kom­men­den Legis­la­tur­pe­ri­ode gro­ße Finanz­lö­cher ab. Die Coro­na-Kri­se ist nicht ursäch­lich dafür, ver­schärft aber zusätz­lich die Lage. Trotz der abseh­ba­ren Schwie­rig­kei­ten hat die gro­ße Koali­ti­on in den letz­ten Jah­ren z.B. in der Ren­ten- und Pfle­ge­ver­si­che­rung erheb­li­che Aus­wei­tun­gen der Leis­tun­gen beschlos­sen ohne eine ver­läss­li­che Vor­sor­ge für eine nach­hal­ti­ge Finan­zie­rung. Um das hohe Niveau der sozia­len Absi­che­rung in Deutsch­land auf­recht erhal­ten zu kön­nen, muss sich das Sozi­al­staats­ver­spre­chen künf­tig wie­der stär­ker an der tat­säch­li­chen Hil­fe­be­dürf­tig­keit der Anspruchs­be­rech­tig­ten und den finan­zi­el­len Rah­men­be­din­gun­gen aus­rich­ten. Grund­ren­te, Müt­ter­ren­te oder die geplan­te Pfle­ge­re­form wer­den die­sem Anspruch unse­rer Ansicht nach nicht gerecht. Mit dem jüngst vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um vor­ge­leg­ten Vor­schlag für eine erneu­te Pfle­ge­re­form droht in die­sem Zweig der Sozi­al­ver­si­che­rung eine wei­te­re Aus­wei­tung der Leis­tun­gen, die sich nicht an der tat­säch­li­chen Hil­fe­be­dürf­tig­keit der Anspruchs­be­rech­tig­ten aus­rich­tet. Für die­se zusätz­li­chen Leis­tun­gen müss­ten jähr­lich zusätz­lich erheb­li­che Mil­li­ar­den­be­trä­ge auf­ge­bracht wer­den. Der Gesetz­ge­ber ver­weist zur Finan­zie­rung allein auf den defi­zi­tä­ren Staats­haus­halt. Die finan­zi­el­len Las­ten wer­den künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen auf­er­legt. Die Sozi­al­ver­si­che­run­gen soll­ten ein bei­trags­fi­nan­zier­tes Sys­tem blei­ben. Eine Steu­er­fi­nan­zie­rung der SV-Sys­te­me im erheb­li­chen Umfang lehnt die MIT ab. Das ist ver­fas­sungs­recht­lich frag­wür­dig und öko­no­misch und finanz­po­li­tisch mit erheb­li­chen Risi­ken ver­bun­den. Die Steu­er­fi­nan­zie­rung der Sozi­al­ver­si­che­rung erhöht die Haus­halts­de­fi­zi­te und führt über kurz oder lang zu zusätz­li­chen Steu­er­be­las­tun­gen für Bür­ger und Unter­neh­men. Die dann immer wei­ter zuneh­men­den Steu­er­zu­schüs­se zu allen Zwei­gen der Sozi­al­ver­si­che­rung (Renten‑, Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung) wür­de die öffent­li­chen Haus­hal­te zudem auf Dau­er über­for­dern. Um die erfor­der­li­chen Mit­tel zur Finan­zie­rung des Sozi­al­staa­tes erwirt­schaf­ten zu kön­nen, braucht die deut­sche Wirt­schaft auch in Zukunft attrak­ti­ve Rah­men­be­din­gun­gen. Die Aus­ga­ben für die Sozi­al­bud­gets, die sich der Staat leis­ten kann, müs­sen des­halb in eine ange­mes­se­ne Balan­ce zur Gesamt­haus­halts­la­ge und zu den in den kom­men­den Jah­ren drin­gend erfor­der­li­chen Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen (Digi­ta­li­sie­rung, Kli­ma­schutz, Bil­dung, For­schung, Wis­sen­schaft, Infra­struk­tur sowie inne­re und äuße­re Sicher­heit) gebracht werden.

Die MIT for­dert die Bun­des­re­gie­rung daher auf, in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode kei­ne neu­en, teu­ren Reform­vor­ha­ben zu beschlie­ßen, die es künf­ti­gen Regie­run­gen noch schwe­rer machen wür­den, die Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­te­me finan­zi­ell nach­hal­tig, gene­ra­tio­nen­ge­recht und sozi­al aus­ge­wo­gen zu organisieren.

 

Kon­kret for­dert die MIT deshalb:

1. Ein vor­läu­fi­ges Leis­tungs­mo­ra­to­ri­um für alle Zwei­ge der Sozi­al­ver­si­che­rung, d.h. kei­ne zusätz­li­chen Leis­tungs­ver­spre­chen, wenn die­se nicht nach­hal­tig finan­ziert sind.

2. Die Bun­des­re­gie­rung wird zu mehr Trans­pa­renz bei der Finan­zie­rung und künf­ti­gen Aus­ge­stal­tung der Sozi­al­ver­si­che­rung auf­ge­for­dert. In einem jähr­li­chen Bericht zur Lage der Sozi­al­ver­si­che­run­gen soll­te Aus­kunft über die momen­ta­ne und künf­ti­ge finan­zi­el­le Lage gege­ben werden.

3. Die ver­si­che­rungs­frem­den Leis­tun­gen in der Sozi­al­ver­si­che­rung müs­sen trans­pa­rent gemacht und die Finan­zie­rung neu ver­han­delt werden.

4. Ein Stopp der fort­schrei­ten­den Aus­wei­tung der Steu­er­fi­nan­zie­rung in der Sozi­al­ver­si­che­rung, sofern es sich nicht um ver­si­che­rungs­frem­de, gesamt­staat­li­che Auf­ga­ben handelt.

5. Eine Stär­kung der Eigen­ver­ant­wor­tung der Bür­ger durch eine bes­se­re För­de­rung der pri­va­ten und betrieb­li­chen Vor­sor­ge für die finan­zi­el­len Risi­ken im Alter (Ren­te und Pflege).

6. Eine ver­brau­cher­freund­li­che Reform der Ries­ter­ren­te, die die Bür­ger bes­ser an den Chan­cen des Kapi­tal­mark­tes par­ti­zi­pie­ren lässt.

7. Es ist ein Kern­an­lie­gen der MIT, das dua­le Kran­ken­ver­si­che­rungs­sys­tem und den Grund­satz der frei­en Arzt- und The­ra­pie­wahl zu erhal­ten und zu stärken.

8. Die MIT wird sich dafür ein­set­zen, die rich­ti­gen Schluss­fol­ge­run­gen aus der Coro­na-Pan­de­mie für das dua­le Kran­ken­ver­si­che­rungs­sys­tem zu zie­hen und vor allem die Wirk­sam­keit der Coro­na-Hilfs­maß­nah­men für die Gesund­heits­ver­sor­gung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten kri­tisch zu hinterfragen.

9. Die Poli­tik muss zusam­men mit den betrof­fe­nen Bran­chen Nach­hal­tig­keits­pa­ra­me­ter im Sin­ne von Qua­li­täts­in­di­ka­to­ren für die ver­schie­de­nen Ver­si­che­rungs­be­rei­che und Bran­chen ent­wi­ckeln, mit denen die Gewähr­leis­tung einer qua­li­ta­ti­ven Ver­sor­gung bei gleich­zei­ti­ger finan­zi­el­ler Nach­hal­tig­keit sicher­ge­stellt wer­den kann